Meine Eier-Aufschneide-Maschine

Von 1981 bis 1983 wurde vom SDR in Stuttgart die Sendung "Mit Schraubstock und Geige" produziert. In jeder Folge wurde ein Thema für die nächste Folge vorgegeben, und dann hatte man sechs Wochen Zeit, eine Maschine zu dem Thema zu konstruieren und Fotos einzusenden. Die Erfinder der besten Maschinen durften dann ihre Werke vorführen.

Als ich diese Sendung kennenlernte, war für mich beschlossene Sache, dass ich dort einmal mitmische. Jedoch waren mir die Themen zu dümmlich: Kinder-Einschlaf-Maschine, Karneval-Belustigungs-Maschine und dergleichen – Hauptsache witzig oder eher verkrampft-witzig, Sinnhaftigkeit war Nebensache. Bis Ostern vor der Tür stand und das Thema "Einer-Aufschneide-Maschine" vorgegeben wurde. Das war es: eine echt sinnvolle Maschine, die am Ende zu einem echt aufgeschnittenen Ei kam! Das war der Mühe wert, jetzt musste ich zuschlagen!

Eins war klar: wenn meine Maschine in die Sendung kommen sollte, musste sie etwas Besonderes bieten. Eier aufschneiden allein konnte nicht genug sein.

Der nächste Gedanke kam sofort: meine Maschine sollte Eier untersuchen können, ob sie roh oder gekocht sind, und sie sollte nur gekochte Eier aufschneiden und rohe Eier zurückweisen. Aber wie? Bekannt ist der Trick, ein Ei auf dem Tisch zu drehen: wenn es sich stabil dreht, ist es gekocht, wenn es bald anfängt zu trudeln, ist es roh. Drei Tage grübelte ich, wie ich ein Ei zum Drehen bringen könnte. Dann kam mir im wahrsten Sinne des Wortes die Erleuchtung: ein rohes Ei lässt mehr Licht durch als ein gekochtes, was sich mit einem Photowiderstand leicht feststellen lässt. Damit war auch klar, dass mein Sharp MZ-80K die Maschine steuern würde.

Etwa ebenso lange grübelte ich darüber nach, wie ich überhaupt das Ei aufschneiden könnte. Schließlich kam ich auf einen Scheibenwischermotor aus einem VW Käfer, der so alt gewesen war, dass er noch eine 6-Volt-Anlage hatte. Dieser Motor aus meiner Gerümpelkiste hatte tatsächlich genügend Kraft, um ein Messer durch ein Ei zu drücken.

Das alles war recht schnell auf einer großen Holzplatte zusammengebaut. Die sechs Wochen waren noch lange nicht verbraucht. Deshalb konstruierte ich auch noch eine Mechanik mit zwei Filzstiften, die das Ei umkreisen und anmalen. Dann war immer noch Zeit übrig, und ich baute noch ein Kästchen, das sich am Ende öffnet und einen Salzstreuer und einen Eierlöffel zur Verfügung stellt. Und dann noch einen Kran, der eine über das Ei gestülpte Eiermütze hochzieht, die eine Bekannte von mir extra für meine Maschine gehäkelt hatte.

So – nun die Maschine noch bunt bemalt und fotografiert. Banges Warten. Dann kam ein Telegramm, dass ein Team vom Fernsehen mich besuchen wollte! Das Team war erst mal begeistert, doch dann hatten plötzlich alle Stoppuhren in der Hand, ließen sich alles vorführen und meinten, das dauert alles viel zu lange! Kein Problem, sagte ich, ich ändere das Programm, dann bekommt das Ei keine komplette Bemalung, sondern nur ein paar Kringel. Damit waren sie zufrieden.

Nun die nächste Hürde: meinen Chef um Urlaub bitten. Das war immer ein rotes Tuch für ihn. Aber er zeigte sich gnädig, es ging ja auch nur um ein paar Tage.

Über die vier Tage in Stuttgart will ich nicht viel sagen. Es war faszinierend und machte einen Riesenspaß. Und damals wurde ein Aufwand getrieben, über den sich heutige Fernsehmacher nur wundern können. Ein Tag Aufbau, Ausprobieren und erste Stellproben. Ein Tag Proben. Noch ein Tag Proben und am Abend eine Aufzeichnung mit Publikum. Und am nächsten Abend noch eine Aufzeichnung mit Publikum. Aus beiden Aufzeichnungen wurden die besten Teile zusammengeschnitten – deshalb waren wir alle verdonnert worden, an beiden Abenden unbedingt die selbe Kleidung zu tragen. Vier Produktionstage für eine 45-Minuten-Sendung!

Hier ein Zusammenschnitt, der sich nur auf die Maschinen konzentriert: Youtube