Die Hölle auf Erden hat einen Namen: Karneval in Köln. Als
Norddeutscher durch widrige Umstände in die frohsinnverseuchte
Kloake gespült, schreit und fleht man nach der heiteren
Gelassenheit niedersächsischen Beerdigungen, dem gezügelten
Amüsement einer Leichenöffnung in Visselhövede, der
zuckenden Würde eines Berges gekeulter Mastschweine in Vechta.
Denn was an den tollen Tagen in der Hauptstadt der Bekloppten und
Bescheuerten geschieht, könnte nicht fremder sein als die
Kastrationswochen in Burundi oder der Winterschlußverkauf in
Wakkaduggu.
Tausende sogenannter Jecken fluten ihre bemalten Zombiehüllen mit
obergärigem Schankbier, das rüpelige Urinkellner durch die
prallgefüllten Gaststuben schwenken. Da dieses Gebräu
außer Harndrang keine körperlichen Reaktionen hervorruft,
muß sich der User anderweitig in Verzückung setzen.
Probates Mittel ist das Grölen dämlicher Absichtsbekundungen
wie zum Beispiel: "Mer lasse den Dom in Kölle, denn da
jehört er hin". Was in diesen harmlosen Zeilen mitschwingt,
ist nichts anderes als die nackte Angst, der rechtmäßige
Besitzer könnte den Dom wieder abholen: hätte nicht die
preußischen Besatzungsmacht im 19 Jahrhundert den Dom nach
über 600 Jahren endlich fertiggestellt, die Pappnasenfritzen
würden immer noch auf eine Baustelle glotzen. Konrad Adenauer war
es, der Preußen zerschlug, um den Dom endlich für seine
Heimatstadt zu sichern. Doch die Angst bleibt, betäubt nur durch
die jährlichen Pseudosaturnalien, bei denen frierende
Schnapsleichen durch die Straßen torkeln, in die
Kaufhauseingänge urinieren und einander Papierschlangen an die
Geschlechtsteile blasen.
Kölner Karneval, so grausam kann Fröhlichkeit sein! Lachend
geht die Welt zugrunde - wieviel Wahrheit steckt doch in diesem Satz.
Was müssen das für Menschen sein, die stolz in der Fremde
erzählen, bei ihnen in Kölle - hurra, hurra! - da sei man
schweinelustig und nicht so ein Haufen grummelnder
Selbstmordgefährdeter wie in Norddeutschland. Nun zeugt ja die
ständige Bereitschaft zum Selbstmord von einer gewissen
realistischen Sicht der Dinge. Grundlose Fröhlichkeit hat eo ipso
etwas blödes, Frohsinn als durchgeknallte Wehrsportübung wie
in Köln etwas extrem unverständliches. Es ist, als
würde ein Kölner, wenn er von den karnevalistischen
Vorzügen seiner Stadt berichtet, erzählen: "Hurra,
hurra, wir sind so doof, einmal im Jahr können wir's vor Schmerz
nicht mehr aushalten, dann müssen wir es in die Welt
hinausschreien!" Ja, wer hätte da kein Verständnis?
Ansonsten habe ich mir schon immer lieber die Militärparade zum
Jahrestag der Oktoberrevolution auf dem Roten Platz in Moskau
angeschaut als den Kölner Karnevalsumzug. Ja ja, die Sowjets,
die haben wenigstens Humor!