Normale Uhren (oder genauer gesagt: Wecker) sind eigentlich ja doch
ziemlich primitiv. Unzählige Menschen auf der ganzen Welt finden
es völlig selbstverständlich, sich jeden Abend den Wecker
zu stellen, wenn sie am nächsten Morgen geweckt werden wollen.
Mir kam das aber schon immer viel zu umständlich vor. Im Laufe
der Zeit entstanden deshalb mehrere Uhren, die mehr oder weniger von
selbst wussten, wann sie mich zu wecken hatten und wann nicht, sodass
sich der Bedienungsaufwand auf ein Minimum reduzierte.
Nachdem ich angefangen hatte, mich mit Integrierten Schaltkreisen
(zuerst TTL-ICs der 74-er Serie) zu beschäftigen, war mein
erstes Projekt meine erste Uhr. Diese war sehr einfach aufgebaut:
die 50-Hz-Frequenz der Netzspannung wurde durch 50 geteilt und
dem Sekundenzähler zugeführt, die Sekunden wurden durch
weiteres Teilen zu Sekundenzehnern, Minuten, Minutenzehnern,
Stunden, Stundenzehnern und – ganz wichtig –
Wochentagen. Damals benutzte ich noch eine recht primitive
Bauweise: die ICs wurden mit der Rückseite auf eine Stück
Sperrholz geklebt, und dann wurden die Anschlüsse mit
Drahtstücken verlötet. Zur Kennzeichnung bekam jedes
IC einen weißen Fleck mit Tipp-Ex auf den Bauch, auf den
ich die IC-Nummer schrieb. Über Steckverbindungen in einem
Buchsenraster konnte ich die Weckzeit einstellen, die aber je nach
Schaltung täglich oder nur an Werktagen ausgeführt wurde.
Solange kein Feiertag dazwischen kam oder ich am Wochenende
früh aufstehen musste, konnte ich die Uhr wochenlange einfach
laufen lassen, ohne sie anfassen zu müssen. Später,
nachdem ich mit der Ganggenauigkeit nicht zufrieden war, fügte
ich noch einen quarzgesteuerten Taktgenerator hinzu.
Als Wecker diente natürlich ein kleines Radio, das ich mit
einer zusätzlichen Elektronik versehen hatte, die dafür
sorgt, dass es mich nicht sofort in voller Lautstärke aus
dem Schlummer reißt, sondern erst ganz leise anfängt
und dann allmählich lauter wird.
Im Jahr 1984 zog ich von der Eichstraße in die
Friesenstraße um. Im Gegensatz zur der alten Wohnung war die
neue mit einer Gas-Etagenheizung ausgestattet. Nachdem ich
herausgefunden hatte, dass der Gasbrenner einen elektrischen
Anschluss besaß, über den man ihn ein- und ausschalten
konnte, beschloss ich, mir eine neue Uhr zu bauen, die mich nicht
nur weckt, sondern vorher auch die Heizung einschaltet, sodass die
Wohnung bereits warm ist, wenn ich aufwache.
Meine zweite Uhr wurde von einer Z-80 CPU gesteuert. Besonderes
Gimmick war ein Display, auf dem das Datum, der Wochentag und
besondere Termine (z.B. Geburtstage von Freunden) angezeigt
wurden. Der Wochentag wurde übrigens anhand des Datums
automatisch ausgerechnet. Über vier Tasten konnte man
die Uhr stellen sowie Schaltzeiten und Termine eingeben. Ein
Drehknopf wählte die Betriebsarten aus: Normalbetrieb -
Uhrzeit und Datum stellen - Termine eingeben - Schaltzeiten
eingeben. Die Hauptbeschäftigung der CPU bestand darin, die
sechs Ziffern zu multiplexen (in so schneller Folge nacheinander
darzustellen, dass das menschliche Auge wegen seiner Trägheit
den Eindruck vermittelt, die Ziffern würden gleichzeitig
erscheinen). Das klingt zwar umständlich, erfordert aber weit
weniger Bauteile als das permanente Anzeigen aller sechs Ziffern.
Zu jeder Sekunde – abgeleitet von der Taktfrequenz des
Systems von 4.194.304 Hz – wurde die CPU per Interrupt zu
einer Routine geschickt, die die Anzeige um eine Sekunde
weiterschaltete.
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oben: Datum mit Geburtstag Mitte: Uhrzeit stellen die 2. Zeile beschreibt die 4 Tasten unten: Gerät 3 wird am kommenden Sonntag und Montag um 7:25 Uhr eingeschaltet, anschließend wird die Schaltzeit gelöscht |
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Die vier Leuchtdioden (grün/rot) zeigen den Zustand der vier schaltbaren Geräte an |
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oben: normale Anzeige mit Wochen-Vorschau Mitte: jede Tages-Art hat neun Schaltzeiten. Werktags wird um 6:00 Uhr die Heizung eingeschaltet und um 6:40 das Radio, das um 6:50 wieder ausgeschaltet wird usw. unten: Für Spezialtage können 4 Gültigkeitsbereiche festgelegt werden |
Die Freude an dieser Uhr war vorbei, als es mich aus beruflichen
Gründen nach Finnland verschlug. Das Zeitsignal war kaum zu
empfangen und wäre sowieso "falsch" gewesen, denn
Finnland liegt in der osteuropäischen Zeitzone. Ich reaktivierte
erst mal die vorige Uhr, die – mittlerweile über 20 Jahre alt –
weiterhin brav ihren Dienst tat, und entwickelte später einen
DCF77-Simulator, mit dessen Hilfe ich
meine Funkuhren wieder benutzen konnte.
Das war allerdings noch nicht genug, denn meine Uhr kannte nur die
niedersächsischen Feiertage, die in Finnland nur teilweise gelten.
Ich erweiterete deshalb das Programm um eine Feiertag-Eingabe. Diese ist
natürlich allgemeingültig, das heißt, ich gebe z.B. für den
Karfreitag kein Datum ein, sondern die Information "beweglich"
und "-2" = die Differenz zum Ostersonntag. Ich will schließlich
nicht jedes Jahr beigehen und neue Daten eingeben!