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Greencard-Training und ein neuer Kollege

Heute ist das sogenannte Greencard-Training angesagt. Es geht wieder um einen Vortrag über Sicherheit, der Voraussetzung ist, wenn man in Finnland arbeiten will. Dies wird mit einer grünen Plastikkarte bescheinigt, die man am Arbeitsplatz ständig vorzeigbar haben muss.

Der Vortrag soll mehrere Stunden dauern, aber er hat auch wichtige Vorteile: erstens fängt er erst um 9 Uhr an, und zwar in der Altstadt von Rauma, das bedeutet ausschlafen, und zweitens soll er im Laufe des Nachmittags fertig sein, das bedeutet, anschließend noch reichlich Zeit für Besorgungen zu haben.

Der Vortrag läuft ähnlich ab wie der am Haupttor, nur dass er eben viel länger dauert. Ein junger Mann projiziert Texte an eine Leinwand und liest sie gleichzeitig vor. Dass dies nicht gerade spannend ist, scheint ihm durchaus klar zu sein, wie man an einigen seiner Bemerkungen erkennen kann. Außerdem bemüht er sich, den Vortrag mit diversen Schauergeschichten zu würzen, wie Arbeiter ums Leben kamen oder zumindest hohe Kosten verursacht haben, weil sie irgendwelche Sicherheitsmaßnahmen missachtet hatten. Nichtsdestotrotz kämpfen wir alle mit dem Schlaf, besonders die drei Frauen, die sicherlich niemals einen Fuß auf die Baustelle setzen werden.

Zum Glück gibt es eine Frühstücks- und eine Mittagspause, die wir in nahe gelegenen Restaurants verbringen. Dann ist es geschafft, und wir bekommen wie schon gewohnt einen Fragebogen zum Ankreuzen. Wieder alles Fragen, die man auch ohne den langweiligen Vortrag leicht hätte beantworten können...

Um 14 Uhr sind wir fertig. Sehr gut, das muss ausgenutzt werden! Ich gehe gleich ein paar Straßen weiter zu dem Laden, wo mein Chef seine SAT-Schüssel gekauft hat. Leider muss ich erfahren, dass Schüsseln aus dem Programm genommen wurden. Es gibt nur noch eine Schüssel mit vier Empfängern, damit kann man vier Satelliten empfangen, und dementsprechend teuer ist sie auch. Aber ich bekomme einen Tipp, wo ich eine Schüssel kaufen könnte: in einem Laden draußen hinter dem Stadtrand.

Das erinnert mich daran, dass ich nun wirklich unbedingt ein Fahrrad brauche. Ich habe inzwischen herausgefunden, dass an ein Sportgeschäft eine Reparaturwerkstatt für Fahrräder angeschlossen ist, wo man auch gebrauchte Fahrräder kaufen kann. Also nichts wie hin. Auf dem Hof, der von einem hohen Zaun umgeben ist, stehen etwa 20 gebrauchte Fahrräder, die zu kaufen sind. Die meisten sind Mountainbikes, von der Größe her eher für Jugendliche, die übrigen sind entweder sehr teuer oder schlecht ausgestattet. Ich entscheide mich schließlich für ein Damen-Rennrad mit 5 Gängen und neuen Reifen, es soll 50 Euro kosten. Für eine Probefahrt öffnet der Verkäufer das Fahrradschloss, aber ich komme nicht weit. Eine Menge Speichen sind lose. Kein Problem, sagt der Verkäufer, er will die Speichen reparieren, und zwar kostenlos. Ich überlege. Eigentlich brauche ich das Rad jetzt sofort, und wenn es repariert ist, ist der Laden wieder geschlossen, wenn ich es abholen möchte. Auch kein Problem, sagt er, er leiht mir für heute ein anderes Rad, und morgen ist der Laden bis 21 Uhr geöffnet. Gut, damit bin ich einverstanden.

Ich wähle noch ein anderes Rad aus (es hat nur drei Gänge, die sich außerdem schwer schalten lassen) und fahre damit los. Nach etwas Suchen finde ich den Laden: eine kleine Lagerhalle, in der sich viele defekte und reparierte Fernseh- und andere Geräte aneinander reihen. Ich frage nach einer Satellitenschüssel, aber der Mann sagt, ich solle morgen anrufen und mit dem Chef sprechen, der jetzt nicht da ist. Ärgerlich... denn nur heute konnte ich es schaffen, vor Ladenschluss herzukommen.

Also wieder nach Hause. Heute soll ein neuer Gast in die Gästewohnung einziehen. Wie angekündigt, klingelt er kurz vor 19 Uhr. Nachdem er sein Zimmer bezogen hat, gebe ich ihm seinen Schlüssel, und dann gehen wir erst mal einkaufen. Er ist das erste Mal in Finnland und fühlt sich ziemlich hilflos angesichts der vielen Schilder, deren Bedeutung man in den wenigsten Fällen erraten kann. Hinzu kommen noch weitere Probleme wie z.B. dass die normale Milch in Deutschland meistens in blauen Kartons abgefüllt ist und die fettarme Milch in roten, während es in Finnland genau umgekehrt ist, außerdem gibt es noch viele Spezialsorten wie fettlose oder laktosefreie Milch. Nicht dass ich selbst keine Probleme habe: mein Wortschatz reicht nicht für die Aufschriften auf den Eierkartons, und nur mit Mühe bekomme ich heraus, welche Eier von freilaufenden und welche von Käfighühnern stammen. Schließlich hat mein Kollege alles, was er braucht. Wir gehen nach Hause und essen gemeinsam. Dann schaut er noch ein bisschen Fernsehen. Er spricht ziemlich gut französisch, sodass er wenigstens mit dem französischen Programm etwas anfangen kann.