Blaubeeren pflücken
Heute raffe ich mich auf und radele wieder zu der Stelle, wo ich am vorigen Sonntag
gewesen war. Ich kann all die leckeren Blaubeeren einfach nicht dort ungepflückt
lassen!
Unterwegs komme ich an einem kleinen Feld vorbei, wo noch die traditionelle Art
der Getreideernte gepflegt wird. 1976 hatte ich zwei Monate lang auf einem
finnischen Bauernhof gearbeitet und überwiegend Heu und Getreide auf diese Stangen
gespießt, aber heutzutage wird Heu auch in Finnland fast immer in Plastikfolie
eingewickelt bzw. Getreide mit dem Mähdrescher geernetet.
Schließlich erreiche ich die Stelle, wo der Trampelpfad zu den Blaubeeren führen
soll. Ich habe mir diesen Punkt nicht genau gemerkt und fahre ein Stück zu weit,
da sehe ich ein Schild "Piilokirkko", was wörtlich "Versteckkirche" bedeutet.
Das muss die Sehenswürdigkeit sein, die ich voriges Mal nicht gefunden hatte!
Ich komme zu einem Parkplatz und folge dann einem deutlichen Trampelpfad, bis
ich - wie vermutet - zu ein paar riesigen Felsblöcken komme, die eine Art Höhle
bilden. Innen hat jemand ein Kreuz aufgestellt und eine Informationstafel angebracht.
Ich schaue auf meinen Navigator: die Stelle mit den Blaubeeren ist doch recht weit
weg von diesen Felsen, also gehe ich zurück zu dem Parkplatz und fahre wieder
ein paar hundert Meter zurück. Ich kann den Trampelpfad nicht mehr finden, also
stelle ich das Rad irgendwo am Waldrand ab und will losgehen. Zuerst versuche ich
aber noch, den Ladungsstand des Akkus zu überprüfen, ohne vorher das Navigationsprogramm
zu beenden, was eigentlich nicht vorgesehen ist - und die Strafe für diese
Manipulation erfolgt sofort: mein Taschencomputer stürzt so gründlich ab, dass
nur ein kompletter Neustart ihn wieder zum Leben erwecken kann. Dann befindet er
sich aber im Neuzustand, er hat alles vergessen, und nur zu Hause kann ich die
letzte Datensicherung zurückspielen. Tja - da hilft nichts, ich muss die Blaubeeren
ohne Navigator finden. Ich laufe ziemlich lange hin und her, ohne die Stelle
wiederzufinden, aber dann finde ich eine andere Stelle, wo es ebenso viele
Blaubeeren gibt. Die mitgebrachte Plastikbox ist bald gefüllt.
Ich gehe zum Fahrrad zurück, verliere aber die Richtung und gelange dabei wieder
zu der Lichtung mit den Himbeeren. Diese Gelegenheit muss auch noch genutzt werden.
Ich bin eigentlich kein großer Freund von Himbeeren wegen der harten Kerne, aber
der Duft ist zu verführerisch. Ich pflücke ein paar Hände voll und fülle die Beeren
in die mitgebrachte leere Margarinedose. Dann gehe ich zur Straße und zum Fahrrad,
um die Heimreise anzutreten. Diese Beute benutze ich, um eine ganze Woche lang mein
morgendliches Müsli anzureichern.
A propos Müsli: das gehört zu den Dingen, die ich hier in Finnland vermisse. Es
gibt nur amerikanisches Müsli, also mit Cornfakes und anderen industriell intensiv
verarbeiteten Produkten, aber nicht, wo einfach nur naturbelassene Getreideflocken
drin sind. Ich kaufe deshalb immer eine reine Flockenmischung, die aber eigentlich
dafür gedacht ist, Brei daraus zu kochen, und die mir eigentlich zu weich ist. Und
was ich gerade jetzt im Herbst auch vermissen werde: Holsteiner Cox, meinen absoluten
Lieblingsapfel. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nach Finnland exportiert wird...
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