Segeltörn durch das Schärengebiet
Heute ist großes Aufräumen, denn ich bin gestern von meinem Segeltörn zurück gekommen.
Den ganzen Törn kann man
hier bei Google Maps nachverfolgen. Unten im Süden geht's los, bei den
einzelnen Markierungen sind weitere Informationen und teilweise auch Fotos.
Alles ist sorgfältig vorbereitet. Die Anfahrt ist ein ausgeklügelter Plan. Ich musste
zwei Busfahrpläne, die Öffnungszeiten und Lagen der verschiedenen Mietwagenfirmen, die
maximale Mietdauer von 24 Stunden und genügend Schlafenszeit überein bringen und außerdem
die Fahrt so durchführen, dass mein Boot nicht unbeaufsichtigt mit allem Gepäck im Hafen liegt.
Für die Navigation hatte ich mir 13 Kartenausschnitte 1:50.000 auf A3 ausgedruckt und
6 größere Kartenausschnitte für die GPS-Navigation in meinem Pocket-PC gespeichert.
Für diesen hatte ich eine Halterung gebastelt, die auf der Mittelbank des Bootes drehbar
angeschraubt werden kann und die mit einer Stromversorgung versehen ist, wobei ich mich
aus Kostengründen für einfache Mignonzellen entschieden hatte. Ein Satz sollte etwa
acht Stunden durchhalten, ich hatte 40 Batterien mitgenommen.
Hier ein kurzes Reisetagebuch:
12.7. Um 12:30 Uhr nehme ich meine Dachträger und fahre mit dem Bus nach Turku.
Ich gehe zu Budget, wo ich ein Auto mit passender Dachreling bestellt hatte. Zu meiner
Überraschung hat der Mann auch schon Dachträger angeschraubt, für die ich noch nicht
mal Mietgebühr bezahlen muss. Sehr praktisch für mich, denn so kann ich meine Bügel
zu Hause lassen und muss sie nicht im Boot mitnehmen. Ich fahre nach Rauma zu meinem
Boot, lade alles ein, fahre nach Hause und packe die übrigen Sachen: eine wasserdichte
Plastikkiste mit meinem Notebook (damit wollte ich unterwegs bei Bedarf Wetterkarten
aus dem Internet abrufen), eine Kiste mit Lebensmitteln, Zelt, Schlafsack usw.
13.7. Um 8:00 fahre ich nach Turku und weiter über zwei kostenlose Fähren zu
der Insel Korppoo, wo ich gegen 11:30 ankomme. Im Hafen von Galtby installiere ich mein
Boot, packe alles ein und segele zu der nahegelegenen Insel, wo mein Bruder ein
Sommerhaus gemietet hat. Er bringt mich mit einem Motorboot zum Hafen zurück. Ich fahre
nach Turku, gebe das Auto ab und fahre mit dem Bus zurück nach Galtby. Mein Bruder
bringt mich wieder zu der Insel. Nach dem Abendessen erkunde ich die Insel und
entdecke zu meiner Überraschung die ersten Blaubeeren. Ich speichere die Koordinaten
in meinem Pocket-PC und führe dann später meine Nichte zu den Fundstellen.
14.7. Der Wind ist sehr schwach. Ich will die Wetterkarte anschauen und muss
feststellen, dass mein Notebook die notwendigen Einstellungen "vergessen" hat, wie
er mein über Infrarot angeschlossenes Handy ansprechen muss. Ich verbringe viel
Zeit damit, die Einstellungen zu rekonstruieren und neu zu installieren. Das kostet
zwar keine Gebühren, aber - was ich leider nicht bedenke - viel Strom, und ich
hatte das Ladegerät für mein Handy nicht mitgenommen, weil ich es nicht für nötig
gehalten hatte. So muss ich während meiner Reise äußerst sparsam sein, um in einem
Notfall noch nach Hilfe telefonieren zu können. Auch die Anrufe von Lin, die immer
wissen möchte, ob ich noch lebe, muss ich auf ein paar SMS beschränken. Schließlich
habe ich die Wetterkarte auf dem Schirm, sie verspricht zunehmenden Wind und gutes
Wetter in den nächsten Tagen. Anschließend montiere ich die Deutschland-Flagge,
mit der mein Bruder sein Auto während der Fußball-EM verunziert hatte, am Heck
meines Bootes. Am frühen Nachmittag segele ich dann los. Erst langsam,
aber dann frischt der Wind auf. Ärgerlicherweise gibt es auch ein wenig Regen.
Unterwegs erkunde ich eine Lachsfarm, so etwas hatte ich noch nie gesehen. Bei der
Insel Mäntykari beschließe ich zu übernachten. Sie ist unbewohnt, da störe ich
niemanden. Ich baue mein Zelt auf und koche ein Fertiggericht.
15.7. Der Wind hat deutlich zugelegt. Schnell komme ich zu der Insel
Velkuanmaa, wo ich im Gasthafen anlege und zu dem nahe gelegenen Restaurant
gehe. Hier habe ich allerdings nur die Wahl zwischen ein paar Kleinigkeiten
und einem großen Buffet, das erst in einer Stunde beginnt. Ich entscheide mich
für das Warten. Und das lohnt sich: für 18 Euro bekomme ich eine Suppe, eine
riesige Auswahl von Fischsalaten und frischen Salaten, dazu Geschnetzeltes mit
Pellkartoffeln und hinterher Nachtisch und Kaffee. Alles ist sehr lecker.
Dann segele ich weiter. Hinter der Insel liegt eine offene Wasserfläche, die
ich überqueren muss, wenn ich nicht einen riesigen Umweg machen und dabei
zwei Kilometer gegen den Wind kreuzen will. Die Wellen tragen schon deutliche
Schaumkronen - ein Zeichen dafür, dass der Wind die für mein Boot zumutbare
Stärke erreicht hat - aber ich wage es trotzdem. Es werden zwei äußerst
spannende Kilometer. Insgesamt kommen aber nur ein paar Tassen Wasser ins
Boot, vor allem durch eine Welle, die kurz vor der Bordwand anfing sich zu
brechen und deren Krone deswegen voll ins Boot schwappte. Das kostet Nerven!
Im Windschatten einer kleinen Insel erhole ich mich erst mal und schöpfe das
Wasser aus dem Boot. Dann geht es weiter. Das gegenüber liegende Ufer ist
nahe, aber mangels prägnanter Inseln nicht zu identifizieren. So dauert es
eine Weile, bis ich merke, dass ich falsch bin. Denn über meinen Pocket-PC
habe ich einen Gefrierbeutel gestülpt, und dieser ist wegen Wassertropfen
und Salzflecken praktisch undurchsichtig, sodass ich meine Position nur sehr
mühsam ablesen kann, zumal ich ja gleichzeitig auch steuern, das Segel
kontrollieren und auf Wellen aufpassen muss. Ich drehe schließlich um und
fahre auf meinem geplanten Kurs weiter. Im Schutz der Inseln habe ich
endlich wieder Ruhe. Auf der Nordspitze der Insel Vähä Varkaankari
finde ich einen guten Zeltplatz.
16.7. Auf der Nachbarinsel steht ein Sommerhaus, aber offensichtlich
sind die Besitzer nicht anwesend, sodass ich mir erlaube, das Plumpsklo
zu benutzen. Schließlich komme ich wieder an eine ungeschützte Stelle,
wo mich der starke Wind veranlasst, einen Umweg zu machen und im Schutz
einiger Inseln zu bleiben. So erreiche ich den südlichsten Anleger von
Uusikaupunki, wo ich mein Boot anbinde. Den großen Gasthafen will ich
nicht benutzen, weil ich befürchte, Hafengebühren bezahlen zu müssen
und weil ich dort beim Hinausfahren gegen den Wind kreuzen müsste,
wobei ich vielleicht andere Boote stören könnte. Oder ich müsste rudern,
was für mich prinzipiell nur bei absoluter Flaute in Frage kommt. An
diesem abgelegenen Anleger rechne ich damit, dass niemand vorbei kommt
und meine Sachen klaut. Ich gehe etwa einen Kilometer bis zu Gasthafen,
wo ich vergeblich eine Handy-Ladestation suche, dann esse ich einen
Döner, kaufe frisches Obst und gehe zu meinem Boot zurück. Es ist ein
wenig mühsam, aus der Bucht heraus zu kreuzen, weil die Inseln den
Wind abhalten. Dann muss ich das Hauptfahrwasser überqueren, was mir
auch gelingt, ohne den Verkehr zu stören. In der Nähe finde ich die
Insel Vähä-Heinänen, wo ich übernachte. Der Lärm des Industriehafens
ist zwar noch hörbar, aber er stört nicht.
17.7. Auch hier muss ich mühsam zwischen den Inseln herauskreuzen, aber
dann geht es umso flotter zur Sache. Eigentlich wollte ich durch die Schleuse
auf den künstlichen See (siehe 28. Juni) segeln, aber das wäre jetzt
ein Umweg gewesen, und außerdem befürchte ich, dass ich am nördlichen
Ausgang eine lange Strecke auf einer schmalen Wasserstraße gegen den
Wind kreuzen muss oder dass dort der Wind sehr schwach ist. Deshalb
segele ich nun trotz des starken Windes außen herum. Es wird wieder
ziemlich abenteuerlich, aber ich habe mich inzwischen daran gewöhnt,
es ist nicht mehr so aufregend wie gestern. Aber ich muss immer an den
berühmten Film "Lohn der Angst" denken: bloß nicht übermütig werden
und die Aufmerksamkeit nachlassen! Ich mache auch ein paar Umwege,
um in windgeschützten Gebieten zu segeln oder zumindest einigermaßen
in Landnähe zu bleiben, damit ich im Notfall nicht allzu weit schwimmen
muss. Schließlich erreiche ich den nördlichsten Punkt meiner Reise.
Dort erblicke ich einen Turm und beschließe, diese zwei Kilometer
weiter zu segeln, denn es gibt dort reichlich Schären, die zwar nicht
den Wind, aber die Wellen abhalten. Ich überquere die Hauptschifffahrtslinie
(immer eine spannende Sache mit meinem langsamen Boot, denn die großen
Frachter können sehr schnell kommen) und lande an der kleinen Insel
Santakari. Der Turm ist, wie ich später erfahre, kein ehemaliger
Leuchtturm, sondern nur eine alte Landmarke. Eine Seite ist offen,
die Wand ist dort zerstört. Im Inneren gibt es eine Leiter zur Spitze,
aber deren unteres Ende ist abgesägt, sodass ich sie nicht benutzen kann.
Ich mache ein paar Fotos und segele Richtung Rauma. Etwa eineinhalb
Stunden später erreiche ich gegen 21 Uhr mein Ziel. Kaum zu glauben,
dank des starken Windes aus günstigen Richtungen habe ich heute
etwa 60 Kilometer geschafft! Ich gehe zu dem Haus meiner Kollegin, hole
meinen Trailer und bringe das voll beladene Boot zu dem Haus. Dann fahre
ich mit dem Rad, das ich vor einer Woche hergebracht hatte, zu meiner Wohnung.
18.7. Ich fahre mit dem Fahrradanhänger zu meinem Boot.
Ärgerlich: in der Nacht hat es stark geregnet, und eine Pfütze hat
sich gerade unter der Sitzbank gebildet, unter der mein Schlafsack
liegt. So ist er nach der langen Reise am Ende doch noch nass geworden.
Naja, zum Glück nur reines Süßwasser. Ich lade mein Gepäck in den
Anhänger, verstaue das Boot und fahre nach Hause.
Insgesamt habe ich 156 km in 3,5 Tagen zurückgelegt. Spitzengeschwindigkeit
bei starkem Rückenwind laut GPS zeitweise 8,5 km/h! Das Boot ist jetzt
übrigens 18 Jahre alt und immer noch vollkommen dicht.
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