MP Gerhard Schröder als Kleiner Tierfreund:

Niedersachsen

Hallo, liebe Zuhörer!

Heute möchte ich Ihnen von einem verwunschenen Tierparadies hoch im Norden berichten. Es ist das Land Niedersachsen, das in weiten Teilen zwar noch bis zum Jahre 1990 vom politischen Inlandseis bedeckt war, jedoch schon immer unseren tierischen Brüdern und Schwestern Gastrechte gewährte.
So beherbergt es zum Beispiel die größten Säugetierherden Mitteleuropas. Besonders in den Urstromtälern der Weser und der Hunte sind Abermillionen von Hühnern und Schweinen seßhaft geworden. Ähnlich wie die Massai in Ostafrika haben es auch die Niedersachsen verstanden, eine Wildrindrasse zu zähmen und mit ihr in innigster Verbundenheit zu leben. Aus dem Auerochsen wurde das schwarzbunte Tieflandfleckvieh gezüchtet, wobei es immer ein Geheimnis der alten Sachsen bleiben wird, wie man mit einem Ochsen erfolgreich eine Zucht betreibt. Nun denn - es ist geglückt: heute grasen dickeutrige Milchmatronen auf feisten niedersächsischen Weiden und bieten dem Liebhaber nackten Rinderfleisches einen wohlgefälligen Anblick.
Das flache Land im Norden ist auch zu einem wichtigen Durchzugsgebiet für viele Arten geworden, die vom Sterben bedroht sind. Auf der A2 und der A7 ziehen täglich Hunderte von Pferden, Kühen und Schweinen von Osten kommend gegen Südeuropa, um dort ihr Leben auszuhauchen. Wie es sich für einen modernen Großsäuger gehört, geht er natürlich längst nicht mehr zu Fuß, sondern vegetiert auf schaukelnder Ladefläche der Schädelstätte entgegen. Dies nicht immer zur Freude ökologisch orientierter Kräfte im Lande; dort herrscht die Meinung, Rind und Schwein könnten auch mal Busse und Bahnen benutzen, wenn sie zur Schlachtbank reisen, es geschieht ja schließlich nicht zu ihrem Vergnügen.
Niedersachsen ist das Land der großen Flußniederungen, in denen fremde Meeressäuger riesige Kolonien gebildet haben. An der Elbe nistet der putzige Hamburger, und an der Weser brütet der Bremer seine ungelegten Eier aus. Am Mittellandkanal, dem anderen mächtigen Strom, siedelt sogar eine versprengte Horde Westfalen.
Wenn der aufmerksame Tierfreund durchs Land streift, kann er immer wieder interessante Entdeckungen machen. Kreisende Pleitegeier über maroder Industriebrache werden aufgescheucht, Pelikankolonien zum Bleiben überredet und andere große Vögel zur Rast an die Weser gelockt.
Liebe Zuhörer, das Land, in dem einst die Welpen regierten, ist erwachsen geworden und wird nun von einem ganz durchtriebenen Hund geführt.
Bis zum nächsten Mal, Ihr kleiner Tierfreund

(Bild eingescannt von schult@ira.uka.de)

proppi