Wie alles begann - Mein erster Computer - Mein zweiter Computer - Meine PCs


Mein erster Computer:

Sharp MZ-80K

Als ich meinen ersten Job hatte, dachte ich gleich daran, mir einen Computer zu kaufen - doch wozu? Mir fiel kein Verwendungszweck ein, also ließ ich es. Bis ich auf der Hannover-Messe jemanden sah, der "Elektronische Butler" konstruierte: mannsgroße Roboter, die herumfuhren und Getränke anboten. Ein Ultraschall-Sensor verhinderte Zusammenstöße. Gleich kam mir der Gedanke, diese Idee zu perfektionieren; man müsste in jedem Raum zwei Ultraschall-Quellen anbringen, und mit Hilfe von Laufzeitmessungen und Dreiecksberechnungen müsste der Roboter seinen genauen Standort bestimmen können. Und um so etwas zu realisieren, brauche ich einen Computer!

Ich fand zwei Computer, die mir die richtigen zu sein schienen: der legendäre Commodore PET und der Sharp MZ-80K. Für letzeren entschied ich mich aus zwei Gründen: erstens konnte er deutsche Umlaute darstellen, und zweitens war sein BASIC nicht fest im Speicher eingebrannt, sondern per Cassette ladbar, was (so war meine weitblickende Vermutung) Manipulationen daran vereinfachen sollte. Dass ich mich damit auch für ein Z-80-System und gegen ein 6502-System entschied, war mir damals natürlich überhaupt nicht klar - aber auch diese Entscheidung halte ich immer noch für gut und richtig, jawohl!

Am 5.9.1980 zog der MZ-80K in meine Wohnung ein. Da die 48-kB-Speichererweiterung gerade zum Sonderpreis von nur 350 DM angeboten wurde, hatte ich sie gleich mitbestellt. (Für diesen Betrag bekommt man heute locker 256 MB, also mehr als das 5000-fache...) Einen Schaltplan des Gerätes hatte ich mir natürlich auch mitgeben lassen.

Der MZ-80K war schon eine verdammt pfiffige Kiste. Das integrierte Cassettenlaufwerk speicherte Programme und Daten, der eingebaute Lautsprecher konnte Töne von sich geben. Das Sharp-BASIC war so genial, dass es sogar möglich war, Programme abzubrechen, Zeilen zu ändern und das Programm mit dem Befehl "CONT" einfach fortsetzen zu lassen. Das Commodore-BASIC, mit dem ich mich später im Büro (CBM 8296) herumschlagen musste, war dazu nicht leider fähig, die Programme mussten nach jeder kleinsten Änderung ganz neu gestartet werden...

Schiffeversenken
Labyrinth
Nun wurde erst mal fleißig programmiert. Wobei ich mich auch ganz modernen Themen zuwandte: künstliche Intelligenz und virtuelle Realität. Das Programm "Schiffeversenken" (Computer gegen Mensch) schoss nicht nur wahllos durch die Gegend, sondern versuchte bei einem Treffer auf ein großes Schiff, den Rest des Schiffes durch systematisches Einkreisen zu versenken. Das Programm "Labyrinth" entwarf ein zufälliges System aus geheimen Gängen, die in einer zweidimensionalen Matrix gespeichert waren. Nach jedem Schritt des Spielers analysierte es die Felder, die den Spieler umgaben, und entwickelte daraus ein perspektivisches Bild (im Foto eine Biegung nach links).

Aber auch die Hardware begann mich zu interessieren. Da hatte ich eine Menge Neues zu lernen. Nach dem Einschalten des Computers wurde immer erst mal der Arbeitsspeicher gelöscht. Lange Zeit studierte ich den Schaltplan, um herauszufinden, auf welchem Pin die Speicherbausteine den Lösch-Impuls bekamen... bis mir irgendwann klar wurde, dass eine Routine ganz simpel eine Adresse nach der Anderen auf Null setzt. Und irgendwann wusste ich dann auch, was ein Mikroprozessor ist und dass in meinem Computer ein solcher steckte. Banale Erkenntnisse - aber für einen "Elektroniker" wie mich zuerst mal gar nicht selbstverständlich.

Größtes Interesse erregte natürlich auch die Anschlussbuchse, die hinten angebracht war. Anhand des Schaltplans stellte ich fest, dass sie mehr oder weniger direkt mit dem Z-80 verbunden war - dass man also nicht so einfach andere Geräte damit ansteuern konnte. Es galt also, sich mit der Maschinensprache des Z-80 zu befassen. Im Dezember 1981 kaufte ich das Buch "Machine Language" mit einer Cassette, auf der sich eine Art Debugger befand. Damit konnte man Hex-Code eingeben, listen, bearbeiten und vieles mehr. Nachdem es mir gelungen war, die Sperre auszuschalten, die das Debuggen des Betriebssystems verhinderte, erforschte ich dieses. Es entstanden viele Seiten mit per Hand disassembliertem Code, wobei ich eine Menge über Z-80-Programmierung lernte. Mit Hilfe eines weiteren Buches lernte ich, wie der Z-80 arbeitete und mit Hilfe von IORQ, MREQ etc. seine Umgebung ansteuerte. Da war es dann nicht mehr schwierig, ein kleines Interface zusammenzulöten, mit dem ich z.B. Geräte ein- und ausschalten konnte.

senkrecht stehend: die EPROMS
mit dem Debugger, davor ("M.") das
Betriebssystem - das auch längst
verbessert und erweitert worden war.
Außerdem stellte ich fest, dass der gesamte Adressenbereich E000 bis EFFF nur zur Steuerung der Hardware (Tastatur, Cassette, Timer etc.) diente. Welch eine Verschwendung! Ich baute also zusätzliche Chips ein, um die Adressen zu decodieren, lötete mir einen EPROM-Brenner zusammen, schrieb ein Programm, das den Debugger in den Adressraum E200 verschob, brannte das Ergebnis auf zwei EPROMs und lötete diese in meinen Computer ein. Von da ab genügte ein Tastendruck, um den (inzwischen durch etliche Zusatzroutinen erweiterten) Debugger zu starten.

Zu dieser Zeit fotografierte ich sehr viel, und meine Freunde bestellten massenweise Abzüge - manchmal mehr als zweihundert. Ein BASIC-Programm half mir, die Bestellungen zu erfassen, die Anzahl der Kopien pro Negativ zu ermitteln und nachher die Abzüge den Bestellern zuzuordnen. Bloß das Ausfüllen der Bestell-Liste war nervig, weil ich all die Zahlen vom Bildschirm abschreiben musste. Wie viel bequemer wäre es doch, wenn der Computer mir die Zahlen einfach diktieren würde! Also musste er sprechen lernen. Ich lötete mir einen Analog-Digital-Wandler zusammen (ein einfacher Operationsverstärker, die Ansteuerung und Auswertung übernahm der Computer), der natürlich viel zu langsam war - aber ich nahm die Zahlwörter einfach auf Tonband mit 19 cm/sec auf und ließ sie mit 4,75 cm/sec abspielen. Die digitalisierten Wörter wurden als Daten auf Cassette gespeichert. In den Computer lötete ich ein Widerstandsnetzwerk als Digital-Analog-Wandler ein - fertig.

    Hörprobe 7sec 31kB RealAudio
    Hörprobe 7sec 289kB MP3
Nichts ist so perfekt, als dass es nicht verbessert werden konnte - auch nicht der MZ-80K. Erst mal sägte ich ein Loch in das Bildschirmgehäuse und baute einen Lautstärkeregler ein, damit die akustischen Signale nicht mehr so laut waren. Auch ein Reset-Taster fand dort seinen Platz. Dann bekam ich Kontakt zu einem MZ-80K-Club in Hamburg. Dort kursierte eine Bastelanleitung, wie man die Geschwindigkeit der Kiste verdoppeln kann: die CPU wurde gegen einen Z-80A ausgetauscht, diesem wurde durch Aufkratzen von Leiterbahnen und Einfügen einiger ICs eine Taktfrequenz von 4 MHz zugeführt, und jemand verkaufte auch das passende Rad für den Antrieb des Cassettenlaufwerks, damit dieses sich auch doppelt so schnell drehte. Über diesen Club erstand ich auch meinen ersten "Drucker": einen alten Fernschreiber Siemens 100, der einen ohrenbetäubenden Lärm machte, aber dank seiner Großbuchstaben ein für Listings angenehmes Schriftbild hatte. Jemand aus dem Club hatte mir auch einen Disassembler gegeben. Nun konnte ich endlich meine Programme ausdrucken und musste nur noch die Kommentare per Hand hinzufügen. Aber verdammt langsam war er doch, und das hieß immer warten, bis er fertig war. Also baute ich einen Spooler hinzu. Ein eigenständiges Z-80-System steuerte den Drucker an, nachdem es über ein ausgeklügeltes System von Interrupts und Datenaustausch per DMA die zu druckenden Zeichen von meinem Computer übernommen hatte. Dafür waren natürlich entsprechende Änderungen im Betriebssystem und auf der BASIC-Cassette notwendig gewesen. Außerdem genügte ein Druck auf eine Taste am Gehäuse des Spoolers, dass der Computer den Inhalt des Videospeichers hinüberschickte, und während ich am Computer weiter arbeiten konnte, machte der Fernschreiber einen Bildschirmausdruck.

Dieses Z-80-System war nicht das einzige:
  • Meine zweite Uhr lief mit einem Z-80.

  • Über einen Bekannten geriet ein Hobby-Fledermausforscher an mich, der dringend ein Fledermaus-Zählgerät brauchte. Das Mikroprozessorsystem wertete zwei Lichtschranken aus, durch die die Fledermäuse fliegen mussten, wobei die Flugrichtung sowie Datum und Uhrzeit festgehalten wurden. Die Daten konnte man hinterher per Tastendruck auf LED-Ziffern anzeigen lassen.

  • Bei meiner neuen Stereo-Anlage mit Fernbedienung verzichtete ich auf den CD-Player. So waren vier Tasten auf der Fernebdienung übrig. Ich schloss ein Z-80-System an den Infrarot-Empfänger der Anlage an, das die Signale decodiert und bei Erkennen dieser vier Tasten meine Wohnzimmerbeleuchtung steuert. Das Programm hatte ich so geschrieben, dass es völlig ohne RAM auskam, was eine Menge Löt-Arbeit sparte (und mit einem 6502 unmöglich gewesen wäre).

  • Natürlich werkelte auch ein Z-80 in meiner patentierten CD-Abspiel-Programmierung.


    Für die Entwicklung all dieser Systeme war mein selbstgebauter In-Circuit-Emulator sehr hilfreich: das eine Ende des Kables steckte ich in die Buchse des MZ-80K, die andere in den Sockel in dem zu entwickelnden System, der die CPU aufnehmen sollte. Das heißt, mein Computer emulierte die CPU. Ich konnte also all die Programme schreiben (jawohl, alles in Hex-Ziffern eingetippt!), testen, debuggen und direkt in der angelöteten Peripherie testen. Über die Schalter in dem Plastikkästchen konnte ich eventuell störende Signale wie MREQ abschalten, denn der Computer konnte ja nicht seinen eigenen Speicher und den eingelöteten gleichzeitig benutzen.

    Höhepunkt meiner MZ-80K-Zeit war auf jeden Fall mein Auftritt in der Sendung "Mit Schraubstock und Geige", wo der Computer vollautomatisch meine Eier-Aufschneide-Maschine ansteuerte.

    Mit solchen Basteleien verging die Zeit. Neuartige Erfindungen machten sich breit, so zum Beispiel ein Medium namens "Floppy Disk", auf dem man Daten in ungeahnter Geschwindigkeit speichern können sollte. Also auf zu neuen Ufern!

    Besonders angenehm war das Arbeitsgeräusch des Fernschreibers natürlich nicht. Im Dezember 1985 (mein zweiter Computer war schon in Arbeit) kaufte ich mir für 1.198,00 DM den TAXAN KP810, einen Matrixdrucker mit 9 Nadeln. Besonders im Schönschreibmodus hatte er ein wunderbares Schriftbild, aber das dauerte dann schon ein bisschen, weil er über jede Zeile viermal drüberfuhr.

    Ach ja: den ultraschallgesteuerten Roboter habe ich niemals ernstlich angefangen. So eine Laufzeitmessung in ausreichender Genauigkeit stellte ich mir sehr kompliziert vor, und ich hatte immer andere Projekte im Kopf, die sich einfacher und schneller verwirklichen ließen...

    Der MZ-80K ist natürlich immer noch voll funktionsfähig und steuerte die (mit einiger Arbeit wieder flott gemachte) Eier-Aufschneide-Maschine im April 2000 auf dem Vintage Computer Festival Europa.


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