Meine Südsee-Reise im Januar 2005
Fidschi: Nadi und Pacific Harbour
Ich ließ mich gleich mit dem Taxi in das Horizon Beach Backpackers Resort
fahren und bezog mein reserviertes Zimmer. Ich erkundigte mich nach dem
Schlüssel, den ich im Flughafengebäude in den Briefkasten gesteckt hatte,
aber der war nicht angekommen. Sie hatten einen Ersatzschlüssel, und ich
hatte auch nicht den Eindruck, dass sie mir böse waren. Nun ging es darum
zu planen, was ich an dem Tag zwischen der Segelsafari und der Reise nach Samoa
unternehmen könnte. Ich schaute mich in dem kleinen Reisebüro um, das auch
zu dem Resort gehörte, und studierte diverse Prospekte. Ich entschloss mich
zu einer Tauchtour in Pacific Harbour inklusive einer Übernachtung und
leistete eine kleine Anzahlung. Damit bekam ich auch gleichzeitig einen
Gutschein für eine halbe Stunde kostenlose Internetbenutzung auf einem der
drei Computer, die im Reisebüro standen. Während mein Spam- und Virenkiller
SPAVI vollautomatisch
mein Postfach säuberte, schickte ich eine kurze Rundmail an meine Freunde,
in der ich meine Erlebnisse in Vanuatu schilderte. Viel zu schnell war die
halbe Stunde um, aber andererseits hatte ich inzwischen auch reichlich
Hunger bekommen. Ich bestellte etwas aus der chinesischen Abteilung der
Speisekarte und setzte mich dann nach draußen auf die überdachte Terasse.
Dort saßen in der Dunkelheit vier Männer mit Gitarren auf
einer Matte und sangen Lieder, die meisten auf Fidschi, aber einige bekannte
internationale Hits waren auch dabei. Ich muss sagen, dass mir das Konzert sehr gut
gefiel. Besonders die Fidschi-Lieder hatten schöne Melodien, die Männer sangen
immer mehrstimmig und abwechslungsreich. In der Mitte zwischen ihnen stand
eine große Schale. Immer nach zwei Liedern rief einer der Männer "Kava time!",
und dann schöpfte er mit einer halben Cocosnuss-Schale eine Flüssigkeit aus der
großen Schale und bot sie seinen Freunden sowie den Gästen am benachbarten
Tisch zu trinken an. Das musste also Kava sein, das traditionelle Getränk, von dem ich im
Reiseführer schon gelesen hatte. Es sollte angeblich nicht gerade eine
Delikatesse sein... aber da auf der Segelsafari auch eine Kava-Zeremonie
bevorstand, hatte ich hier die Gelegenheit, mit diesem Zeug schon mal vorab
Bekanntschaft zu schließen. Aber vorher kam erst mal mein Essen, das sehr
reichlich und sehr lecker war. Es wurde einfach auf meine Zimmerrechnung
gebucht, dafür brauchte ich nur meinen Schlüssel vorzuzeigen.
Als ich satt war, setzte ich mich dann zwischen die Touristen, die ebenfalls
auf der Matte um die große Schale saßen. Nicht lange, und es war wieder
Kava-Zeit. Der Mann bot mir Kava an, aber um sicher zu sein, dass ich nichts
falsch mache, ließ ich mir die Prozedur lieber vorher noch mal erklären. Alles
klar, es konnte losgehen. Ich klatschte also einmal in die Hände, nahm die
halbe Cocosnuss entgegen, rief laut "bula!", trank das Kava auf ex, gab die
Schale zurück und klatschte weitere drei Mal in die Hände. Während ich in die
Hände klatschte, taten dies auch die anderen Männer, und zwar beide Male je
dreimal. Beim letzten Mal konnte man, wenn man wollte, auch "maca" sagen.
Das bedeutet "leer", wobei das "c" wie das englische "th" ausgesprochen wird.
So, das war also Kava. Es schmeckte wirklich nicht lecker, ganz entfernt wie
Pfeffer, und es hinterließ für kurze Zeit ein merkwürdig taubes Gefühl auf der
Zunge. Aber es war trinkbar, und diese Prozedur machte ja auch Spaß, also
blieb ich sitzen, genoss die Musik und trank Kava. Schließlich holte ich meine
Kamera und mein Mikrofon, um ein paar Lieder aufzunehmen, was die Männer sehr
gern erlaubten. Sie wollten sich die Aufnahmen auch gleich anhören, also
spielte ich sie ihnen vor. Sie sagten, sie hätten sich noch nie selbst gehört.
Ich bot an, ihnen eine CD mit diesen Aufnahmen zu schicken, und der Mann, der
immer das Kava verteilte, schrieb mir eine Adresse auf: "Kavaholic Band Boys,
c/o Horizon Beack Backpackers Resort" - ein Name, über den ich doch grinsen
musste. Aber wie ich später bemerkte, sind eigentlich alle Fidschi-Männer
Kavaholics. Das soll jedoch nicht heißen, dass Kava eine Droge wäre, die
süchtig macht. Kava putscht nicht auf, es soll eher eine beruhigende Wirkung
haben (auch wenn ich selbst keinerlei Wirkung bemerkt habe). Der Name
"Kavaholic Band" war sicherlich selbstironisch gemeint.
Der nächste Tag, es war der 5. Januar, war unverplant, ich hatte sozusagen frei.
Zeit, um in die Stadt zu fahren und Informationen zu sammeln. Inzwischen hatte
ich auf der Rückseite der 50-Cent-Münze ebenfalls
das Abbild eines Ausleger-Segelbootes entdeckt. Also betrat ich das nächste
Reisebüro, zeigte die Münze und fragte, ob es hier oder anderswo noch solche
Boote gäbe. Nein, lautete die Antwort, leider nur noch in Suva im Museum! Die
gleiche Antwort bekam ich auch im zweiten Reisebüro und im dritten. Während ich
so durch die Stadt lief, kam ein Mann mittleren Alters auf mich zu. Das übliche
herzliche "bula!", wie es mir geht, wo ich herkomme, wie ich heiße usw. - und
was ich gerade mache. Naja, dachte ich, ein weiterer Versuch kann ja nicht
schaden. Ich zeigte ihm die Münze und erzählte ihm von meinen Wünschen. "Ja,
ich zeige dir solch ein Boot, mein Freund, komm mit mir!" Ich finde es ja
eigentlich merkwürdig, wenn man mich nach einer Minute "Freund" nennt, aber
so mögen die Fidschis nun mal sein - also ging ich mit ihm. Er führte mich
schnurstracks in einen Souvenirladen, ganz nach hinten in eine dunkele
Ecke, wo ein Mann hinter einem kleinen Tisch saß. "Das ist mein Freund Paul,
er möchte gern" - ich zeigte wieder die Münze vor - "auf solch einem Boot
segeln". Der Mann schlug einen Quittungsblock auf. Ich solle gleich
135 FJD
bezahlen, dann könne ich morgen nachmittag auf das Boot. Ich zögerte, die
Sache kam mir doch etwas merkwürdig vor. Ich solle schnell buchen, drängte
der Mann, sonst sei das Boot ausgebucht. "Morgen habe ich keine Zeit. Wo
liegt denn das Boot?" Der Mann zeigte mir auf einer Karte eine Stelle kurz
südlich von Lautoka. Zu dumm für ihn, dass ich ja versehentlich in Lautoka
gewesen war: gerade südlich von Lautoka war der Bus recht dicht an der
Küste entlang gefahren, und ich denke, solch ein Boot hätte ich sehen
müssen. Und etwas, das so beliebt war, dass es ständig ausgebucht ist,
sollte allen Reisebüros unbekannt sein? Nein, sagte ich, ich müsse darüber
nachdenken. Vielleicht habe ich Zeit, wenn ich aus Samoa zurück komme.
Unverdrossen redete mein "Freund" weiter auf mich ein. Ich musste ihm
unbedingt versprechen, heute abend wiederzukommen, er wolle mich zu sich
nach Hause einladen. Damit verließ ich den Laden. Der Mann verfolgte mich
jedoch weiter. Was ich jetzt vorhätte und wohin ich gehen würde, wollte
er wissen. Ich wollte mir nur Nadi anschauen, sonst nichts. Er könne
mich ja führen, bot er an. Nein danke, ich gehe am liebsten allein, sagte
ich. Dann machte er einen letzten Versuch: "Möchtest du ein paar Frauen
treffen?" Da war mir nun völlig klar: mit diesem Mann habe ich lieber nichts
zu tun! Nein danke, ich bin glücklich verheiratet - und dann ließ er mich
endlich in Ruhe gehen. Ich hasse Touristenstädte...
Die einzige echte Sehenswürdigkeit von Nadi ist der indische Tempel
Sri
Siva Subramaniya, ein äußerst
farbenprächtiges Gebäude. In Fidschi leben nämlich auch
viele Inder, die früher einmal von den Engländern hierher gebracht worden
waren, um auf den Zuckerrohrplantagen zu arbeiten. Inder wurden bevorzugt,
weil sie viel fleißiger und strebsamer sind als die lebenslustigen Fidschis.
So kommt es auch, dass viele Geschäfte von Indern betrieben werden, sie
sind ernst, verschlossen, strebsam und sparsam, während die Fidschis das Leben
genießen und ihr Geld gern sofort wieder ausgeben. Ein Fidschi erklärte
mir einmal, dass Inder selbst fünf Kilometer zu Fuß gehen, während
Fidschis schon für 500 Meter ein Taxi anhalten.
Außer dem Tempel gab es nichts zu sehen und zu tun. Ich wollte auch nicht
noch einmal meinem "Freund" über den Weg laufen, also beschloss ich, nach
Pacific Harbour zu fahren und zu schauen, wo das Resort liegt, das ich gebucht
hatte. Dann bräuchte ich bei meiner Ankunft (es würde dunkel sein) nicht mehr
lange zu suchen. Ich ging also zum Busbahnhof, kaufte ein Ticket für den Express-Bus,
und wenig später ging die Reise los. Bald setzte sich ein Mann neben mich,
wieder "bula!" und die üblichen Fragen, wie es mir geht, woher ich komme
usw. Dieser Mann war aber von der üblichen netten Sorte, wir unterhielten
uns sehr gut auf der etwa zweistündigen Fahrt, dann stieg ich aus. Hier
gab es ein paar Geschäfte und ein Restaurant, wo ich erst mal mein
Mittagessen einnahm. Dann fragte ich nach der Polizeistation, denn mein
Resort sollte in dessen Nähe sein. Ich hatte etwa einen Kilometer zu
gehen. Pacific Harbour schien keine Stadt zu sein, sondern eher eine
Ansammlung weit verstreuter Häuser.
Bald hatte ich das Resort gefunden, den Pacific Safari Club. Sein Besitzer schien ein
waschechter Brite zu sein, jedenfalls ein wenig snobistisch und
hochnäsig. Während ich noch wartete, dass er Zeit für mich hat,
hörte ich zu, wie er sich bei einem anderen Mann über einen Gast
vom Vortag beschwerte. Absolut keine Manieren hätte dieser gehabt,
und deshalb würde er seinen Job am liebsten an den Nagel hängen.
OK, also äußerste Höflichkeit war angesagt! Ich bestätigte meine
Buchung und sagte, dass ich aber nur eine Nacht dort schlafen wollte.
Zu dem Tauchpaket gehörten eigentlich zwei Nächte, aber ich wollte
schon am selben Tag wieder zurück nach Nadi und dort schlafen, weil
gleich früh am nächsten Morgen mein Flieger nach Samoa starten würde.
Der Mann war einverstanden und reduzierte meine Rechnung entsprechend.
Dann ging ich zur Hauptstraße und wartete auf den nächsten Bus nach
Nadi.
Ich wartete ziemlich lange, dann fing es an zu regnen, und ich suchte
Schutz unter dem Vordach eines kleinen Schuppens. Da hielt ein Auto,
dessen Fahrer mich fragte, ob er mich mitnehmen solle. Ich zögerte,
er wollte bestimmt Geld haben, und ich hatte kaum mehr als
10 FJD
bei mir, das reichte gerade für den Bus. Auch wenn es mir unhöflich
vorkam - sicherheitshalber fragte ich, wieviel Geld er dafür
haben wollte. Er sagte
15 FJD.
Ich sagte, es täte mir leid, so viel hätte ich nicht, aber dann einigten
wir uns auf das Geld, das ich noch bei mir hatte. Der Mann hieß Ballu
und war als Fahrer im Sheraton Fiji Resort angestellt, außerdem fuhr
er Taxi. Er hatte einen Gast nach Suva gebracht und nahm gern Leute
mit, um sich auf langen Fahrten die Zeit zu vertreiben und nicht müde
zu werden. Wir unterhielten uns sehr gut. Er war überzeugter Christ
und hatte eine indische Frau, die zum Christentum übergetreten war.
Ich erzählte ihm von meinem "Freund" in Nadi, und für Ballu war ganz
klar, dass es sich nur um einen Betrüger gehandelt haben konnte.
Wir sprachen auch über meine Pläne und einigten uns darauf, dass er
mich in Nadi zu einem Geldautomaten bringt und dann für weitere
10 FJD
auch zum Horizon Beach Backpackers Resort - die übliche Taxigebühr
für diese Strecke. So kam ich unerwartet schnell und in einem relativ
luxuriösem Auto nach Nadi, und er hatte nebenbei ein bisschen Geld
verdient. Dann gab er mir noch seine Visitenkarte, falls ich wieder
ein Taxi bräuchte.