Meine Südsee-Reise im Januar 2005
Samoa: Schildkröten
Wie schon erwähnt, war es leider nicht möglich, mit dem Wasserflugzeug von
Dive and Fly Samoa zur Nordküste zu fliegen. Also fuhr ich erst einmal
mit einem Bus zurück zu der Markthalle nahe beim Fähranleger. Ich kaufte etwas
zu essen und Trinkwasser, dann nahm ich einfach in einem Bus Platz, der die
Aufschrift "Janes Beach Fales" trug. Nach einiger Zeit schaute ein Mann herein
und sagte, ich könne auch im Bus seines Neffen mitfahren, er würde früher fahren
als dieser Bus. Ja, so jagt man sich in Samoa gegenseitig die Fahrgäste ab! Ich
nahm das Angebot natürlich gern an und gelangte so zur Nordküste in das Dorf Manase.
Dort quartierte ich mich für zwei Nächte bei Janes Beach Fales ein.
Die Fales waren hoch aufgeständert, sie hatten hatten
geschlossene Wände und eine Tür mit Vorhängeschloss, davor gab es eine kleine Veranda.
Hier war man offensichtlich auf Massentourismus eingestellt und musste Diebstählen
vorbeugen. Gleich nebenan befand sich der Tauchladen, der aber jetzt geschlossen war.
Es war früher Nachmittag, also beschloss ich, Schildkröten anzuschauen. Auf der
Busfahrt hatte ich ein Schild gesehen, das auf eine Schildkrötenstation hinwies.
Ich konnte mich nur nicht mehr genau erinnern, wie weit es bis dorthin war. An der
Rezeption wurde mir gesagt, es sei ganz in der Nähe, also marschierte ich einfach los.
Hinter Manase kamen weitere Dörfer, aber keine Schildkrötenstation. Es war furchtbar
heiß, aber ich hatte genug Trinkwasser dabei. Immer wieder traf ich Leute, die mich
begrüßten und wissen wollten, wohin ich gehe. Ein Tourist, der eine längere Strecke
zu Fuß geht, muss wohl etwas Seltsames sein. Ein Mädchen fragte mich, ob ich ihr ein
paar Tala geben könnte. Ich fragte "für was?", weil ich dachte, sie wolle mir etwas
verkaufen, aber sie meinte, sie wolle sich dafür Süßigkeiten kaufen. Nein, so plump
anbetteln lassen wollte ich mich nicht, ich ging einfach weiter. Schließlich kam ich
an einer Schule vorbei, wo viele Menschen einem Basketballspiel zuschauten. Man sagte mir,
es wäre nicht mehr weit. Schließlich erreichte ich die Wasserbecken, die ich vom Bus aus
gesehen hatte. Das Wasser war sehr trübe. Ein Junge kassierte 10 WST von mir und
zeigte mir alles. Wegen des trüben Wassers waren aber kaum Schildkröten zu
sehen. Dann sprang der Junge ins Wasser, schnappte sich eine Schildkröte und
hob sie aus dem Wasser, um sie mir zu zeigen. Er erzählte, dass es draußen in
der Bucht eine kleine Insel gibt, wo die Schildkröten immer ihre Eier ablegen.
Dort würden sie pflegebedürftige Tiere mitnehmen, in ihren Becken versorgen und
später wieder frei lassen. Angesichts der Dreckbrühe muss ich mich allerdings
fragen, ob das für die Tiere wirklich von Vorteil war.
Kaum war ich wieder auf der Hauptstraße, fiel mir ein Schild auf, das mir bis dahin
entgangen war: "Schwimmen mit Schildkröten". Klarer Fall, dass ich mir das auch
noch ansehen musste. Ich folgte einer Schotterstraße von der Küste weg. Sie führte
zwischen zwei kleinen Seen hindurch bis zu einigen Häusern, wo ein weiteres Schild
stand. Hier gab es mehrere große Teiche in einer gepflegten Gartenanlage. Ein kleiner
Junge kassierte 5 WST von mir, aber dann kam sein älterer
Bruder und zeigte mir alles. Die Teiche waren mit klarem, kühlen Wasser gefüllt,
sie wurden direkt aus einer natürlichen Quelle gespeist. Der Junge redete wie ein
Wasserfall, sein Mund stand überhaupt nicht still. Ich erzählte ihm von der Insel
in der Bucht, die der andere Junge erwähnt hatte. Völliger Blödsinn, sagte er,
die Schildkröten legen ihre Eier nicht an ihrem Geburtsort ab, sondern dort, wo sie
gerade sind. Ich solle ihm das bitte glauben, er wüsste das besser. Nun ja, ich war
zum Schauen hergekommen und nicht zum diskutieren, also schwieg ich. Zum Beweis
zeigte er mir immerhin eine Stelle, wo Sand aufgeschüttet war, dort legte er
vorsichtig ein paar Schildkröteneier frei. Den Sand hatten sie dort deponiert,
um die Schildkröten damit zu reinigen, die Eiablage hätte sie selbst überrascht.
Dann fischte er eine Schildkröte aus dem Wasser und legte sie auf seinen Oberschenkel,
wo sie mit dem Zappeln aufhörte. Anscheinend kannte sie die Prozedur schon:
der Junge nahm eine Handvoll Sand und rieb damit die
Algen von ihrem Panzer.
Schließlich bot er mir an, zu den Schildkröten ins Wasser zu gehen. Darauf war
ich natürlich nicht vorbereitet, ich hatte weder eine Badehose geschweige denn
mein Unterwassergehäuse mitgebracht. Was tun? Bis zu meinem Resort waren es
schätzungsweise vier oder fünf Kilometer. Da erblickte ich ein altes, klappriges
Fahrrad, das mir auch sofort ausgeborgt wurde. So kam ich recht schnell zu meiner
Fale zurück, packte meine Badesachen und mein Unterwassergehäuse ein und radelte
wieder zu den Schildkröten. Das Wasser war wirklich reichlich kühl. Ich schwamm
eine Weile herum, schnorchelte und machte viele Aufnahmen. Dann wurde es mir zu
kalt, ich ging an Land, um mich aufzuwärmen und meine Aufnahmen anzuschauen. Ich
fand sie nicht besonders gelungen, also versuchte ich es nach einiger Zeit noch
einmal. Diesmal klappte es besser. Ich bekam mehrmals
rote Schildkröten vor die Linse. Schließlich entdeckte ich auch
eine grüne Schildkröte, die am Grund des Teiches
schlief. Damit war ich zufrieden, ging an Land und zog mich wieder an.
Für das Schnorcheln hatte ich noch einmal zu bezahlen, außerdem gab ich dem
Jungen noch zusätzlich Geld für die Fahrradbenutzung. Dann marschierte ich
wieder zurück zu meinem Resort. Zum Glück war es nicht mehr so heiß, denn es
ging auf den Abend zu.
Kurz vor Janes Beach Fales stand ein alter Mann am Straßenrand neben dem Ortsschild
von Manase und blies in ein Muschelhorn. Ich erinnerte mich daran, was ich in einem
Reiseführer gelesen hatte: vielerorts gibt es feste Gebetszeiten, wo dann jede andere
Aktivität zu ruhen hat. Auch das Durchqueren eines Dorfes - sei es per Auto oder
zu Fuß - hat dann zu unterbleiben, um die Betenden nicht zu stören. Das sollte etwa
eine halbe Stunde dauern. So lange wollte ich aber nicht warten, ich hatte ja nur
noch ein paar Schritte zu gehen, und der alte Mann erlaubte es mir netterweise.
Bei Dive and Fly Samoa
brannte nun Licht. Also ging ich gleich hinüber und machte mich mit dem Besitzer
namens Dirk bekannt. Er erzählte mir von seinen technischen Problemen: schon vor
langer Zeit hatte er ein Telefon beantragt, aber es würden keine Leitungen
verlegt. Hier an der Nordküste hatte man stattdessen eine Übertragung per Funk
installiert, aber ausgerechnet Manase liegt in einem Funkloch. Um das Verhältnis
mit Janes Beach Fales nicht zu strapazieren, fuhr Dirk einmal pro Woche zu einem
Freund, um dort seine E-Mails herunterzuladen, was auch nicht immer problemlos
funktioniert. Aus diesem Grund war Dirk sehr schlecht zu erreichen, und darum
war auch seine Internetseite immer noch nicht auf dem neuesten Stand, was sein
Flugzeug betrifft. Er dachte sogar darüber nach, an einen anderen Ort zu ziehen,
wo er leichter zu erreichen ist. Sein Haus war übrigens mit vielen zusätzlichen
Steckdosen deutscher Bauart ausgestattet. Dirk war gern bereit, mich meine
Akkus aufladen zu lassen. Meine Fale hatte zwar elektrisches Licht, aber keine
Steckdose.
Außer mir hatte Janes Beach Fales noch zwei andere Gäste, die ich beim
Abendessen kennenlernte: zwei deutsche Stewardessen. Diese beneidenswerten
Frauen hatten einen Dreiviertel-Job, arbeiteten allerdings Vollzeit, und zwar
immer neun Monate, dann machten sie drei Monate Urlaub. So kann man die Welt
kennenlernen...