Meine Südsee-Reise im Januar 2005
Fidschi: Die Höhle auf Sawa-i-Lau
In Nadi fuhren Agnes und ich erst einmal zu einem Reisebüro. Sie wollte irgendwo eine
Unterkunft buchen, und ich wollte einem Gerücht nachgehen, das ein Mann auf der "Spirit
of the Pacific" erzählt hatte: auf einer Insel in der Yasawa-Gruppe sollte es eine mit
Wasser gefüllte Höhle geben, in der es hell würde, wenn man laut ruft. Ich wusste
nicht, was ich davon halten sollte. Einerseits gibt es ja Glühwürmchen und leuchtende
Mikroorganismen, und vielleicht reagieren sie auch auf Schall, aber andererseits
erzählen Seemänner ja gern auch mal Märchen. In dem Reisebüro jedoch wusste man
sofort, wovon ich sprach. Ich ließ mir ein Paket zusammenstellen, das aus einer
Übernachtung in Nadi, der Fahrt in die Yasawas und zwei Übernachtungen vor Ort
bestand. Ich hatte jedoch fast kein Geld mehr, also ging ich erst einmal zu einem
Geldautomaten. Eine Frau aus dem Reisebüro begleitete mich. Und das war gut so,
denn auf dem Rückweg zum Reisebüro packte mich plötzlich jemand fest am Arm:
der Mann, der mir vor zwei Wochen die Fahrt auf dem Auslegerboot hatte andrehen
wollen, beschwerte sich, dass ich am Abend nicht seiner Einladung gefolgt war.
Von dem freundlichen "Bula" war keine Spur mehr. Ich hatte aber keine Lust auf
eine Diskussion und riss mich einfach los. Der Mann sah, dass ich in Begleitung
war und ließ mich gehen. Während wir weiter gingen, erzählte ich meiner
Begleiterin die ganze Geschichte. Dann bezahlte ich und ließ mir ein Taxi rufen.
Agnes war bereits verschwunden.
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Das Taxi steuerte zu meiner Verblüffung direkt eine Straße an, die mir wohlbekannt
war: hier lag das "Horizon Beach Backpackers". Wir fuhren aber noch eine kurze
Strecke weiter bis zum Travellers Beach Resort. Es war recht hübsch und lag direkt am
Strand. Mein Zimmer war geräumig und hatte ein abgeteiltes Bad sowie Klimaanlage.
Damit endet jedoch bereits die Liste mit Lobenswertem. Das Personal war korrekt,
aber an Herzlichkeit nicht mit dem "Horizon Beach Backpackers" zu vergleichen,
das selbe galt für die relativ kurze Speisekarte. Ich entschied mich schließlich
für ein Fischgericht, das sehr lecker war. Beim Essen genoss ich den Blick über
das Meer, an diesem Abend hatten wir eine hervorragende
Fernsicht über die Inseln.
Später trat noch eine kleine Tanzgruppe auf, die mich aber nicht weiter interessierte,
weil ihre Musik komplett von einer CD abgespielt wurde. Stattdessen machte ich mit
meiner Videokamera Jagd auf Kröten. Diese Kröten gehörten
eigentlich gar nicht nach Fiji, sondern sie waren vor einigen Jahrzehnten
importiert und auf allen Inseln ausgesetzt worden, um die zahlreichen Mücken zu
dezimieren. Das hatten sie wohl auch recht zuverlässig gemacht, aber da sie keine
natürlichen Feinde hatten, hatten sie sich so stark vermehrt, dass sie teilweise
selbst zur Plage geworden waren. Mit Hilfe der Infrarotlampe meiner Kamera konnte
ich die Kröten auch bei kompletter Dunkelheit filmen.
Am nächsten Morgen ging es wieder mit dem bereits bekannten gelben Bus von "Awesome
Adventures" zum Hafen. Bis der Yasawa-Flyer ablegte, war noch viel Zeit. Ich hatte
mich inzwischen dazu durchgerungen, ein paar Tauchgänge an der Nordküste zu buchen,
in der Hoffnung, dort ein paar große Fische zu sehen. Gestern abend war es mir nicht
gelungen, die Betreiber anzurufen, aber jetzt klappte es. Ich buchte erst einmal je
zwei Tauchgänge für Samstag und Sonntag sowie drei Übernachtungen. Als das klar war,
rief ich Ballu an. Er brauchte ein bisschen, bis er sich daran erinnerte, dass wir
zusammen von Pacific Harbour nach Nadi gefahren waren, aber dann freute er sich sehr,
dass ich ihn anrief, und er war gern bereit, mich in zwei Tagen zur Nordküste zu
fahren. Ich erhoffte mir von ihm einen günstigeren Preis als die 100 FJD, die
für diese Fahrt mit dem Taxi üblich waren (für eine Busfahrt würde es zu spät sein).
Dann ging es wieder mit dem Yasawa-Flyer hinaus in die Inselwelt. Wir brachten
auch Passagiere zu der "Spirit of the Pacific", aber ich sah niemanden von der
Besatzung, dessen Gesicht mir bekannt gewesen wäre. Schließlich wurde auch ich
abgesetzt und mit einem kleinen Motorboot zu der Insel Nanya Lailai gebracht, wo vier
Resorts nebeneinander lagen. Eines davon war Gold Coast, wo ich sehr freundlich empfangen wurde und erst mal
ein leckeres Mittagessen bekam. Meine Unterkunft bestand aus einer Hälfte eines
kleinen Doppelhauses, das fest aus Holz erbaut war. An das geräumige Zimmer schloss
sich ein Bad mit Toilette an. Aus der Dusche kam allerdings leicht salziges
Wasser, das Resort verfügte über eine Brackwasserquelle.
Am Strand lag ein Kajak, das erinnerte mich daran, dass ich noch ein besonderes
Foto von mir machen wollte. In manchen Reiseprospekten sieht man Fotos von Booten,
die auf kristallklarem, fast unsichtbarem Wasser schwimmen, während sie einen
Schatten auf den Boden werfen, sodass es fast so aussieht, als ob das Boot in
der Luft schwebt. Weiter nördlich gab es flaches Wasser und hohe Felsen am Ufer,
von dort hätte meine Kamera die richtige Perspektive. Ich lieh mir also das Kajak
aus (es war zu meiner Überraschung nicht gratis, sondern sollte 10 FJD kosten),
paddelte zu den Felsen und kletterte hinauf. Es gelang mir jedoch nicht, meine
Kamera zu starten. Nach einigen Versuchen musste ich feststellen, dass sich das
Band der neuen Cassette, die ich eingeschoben hatte, herausgezogen und in der
Mechanik verfangen hatte. Ich befreite das Band, spulte die Cassette vor und
versuchte es noch einmal: wieder verwickelte sich das Band. Irgend etwas war mit
meiner Kamera nicht in Ordnung, und das ausgerechnet hier, praktisch am Ende der
Welt, abseits jeder Zivilisation! Schweren Herzens paddelte ich wieder zurück
und untersuchte meine Kamera in meinem Zimmer genauer. Nach endlosen Versuchen
stellte ich fest, dass meine Kamera überhaupt keine neuen, unbespielten Bänder
mehr annehmen wollte. Bis gestern hatte ich noch bereits bespielte Cassetten
aus dem Vorjahr benutzt und neu bespielt, solche Cassetten akzeptierte meine
Kamera noch. Jedoch produzierte sie starke Störungen im linken Bereich der
Bilder. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob diese Störungen bereits beim
Aufnehmen auf das Band kamen, oder ob sie lediglich beim Abspielen durch
fehlerhaftes Auslesen entstanden. Diese Frage war jedoch fast akademisch, denn
ich hatte sowieso kaum noch Platz auf meinen bespielten Cassetten. Wie ich später
herausfand, produzierte meine Kamera diese Störungen bereits bei der Aufnahme,
und zwar seit gestern abend. Die Aufnahmen von den Inseln in der Abendsonne
waren noch in Ordnung, aber die Bilder von den Kröten hatten bereits Störungen.
Als letzte Verzweifelungstat versuchte ich, die Kopftrommel zu reinigen. Die
Besitzerin des Resorts lieh mir eine Flasche Reinigungsbenzin, aus einem
dünnen Holzstab und Toilettenpapier bastelte ich einen Wattestäbchen-Ersatz.
Damit wischte ich vorsichtig über die empfindlichen Köpfe, aber diese Aktion
verbesserte nichts. Äußerst ärgerlich, aber ab jetzt konnte ich nur noch Fotos
mit meiner kleinen Digitalkamera machen!
Am nächsten Morgen besprachen wir die Fahrt zu der Höhle. Ein alter Mann, der
immer nur "Captain" genannt wurde, sollte uns mit seinem Boot hinbringen. Ich
bekam allmählich mit, dass dieser im Grunde genommen nichts mit dem Gold Coast
Resort zu tun hatte, sondern auf eigene Rechnung arbeitete. Sogar für die Fahrt
vom Yasawa Flyer zum Resort hatte er bezahlt werden wollen. Und zu der Höhle wollte
er nur fahren, wenn mindestens vier Touristen im Boot saßen. Zum Glück war inzwischen
noch eine Südafrikanerin angekommen, die ebenfalls die Höhle sehen wollte. Aber
damit waren wir immer noch nur zwei. Ich war ziemlich sauer, denn ich hatte
natürlich angenommen, dass in dem Paket, das ich im Reisebüro gekauft hatte,
auch die Fahrt zur Höhle enthalten wäre. Morgen müsste ich wieder abreisen, und
ich war doch nur wegen der Höhle hergekommen! Schließlich erklärte sich der
Captain bereit, auch nur zwei Passagiere mitzunehmen. Bald darauf ging die Reise
los. Mit uns fuhren noch ein paar Einheimische. Es war Ebbe, deshalb saß einer
der Männer immer vorn und schaute ins Wasser, damit wir keine Korallenbank rammten.
Auf einem merkwürdigen Zickzackkurs näherten wir uns der nächsten Insel. Die Männer
wussten genau, wo die Lücken zwischen den Korallenbänken verliefen. Schließlich kam
ein relativ hoher, spitzer Berg auf der Insel Sawa-i-Lau in Sicht, er sollte die
Höhle beherbergen.
Wir gingen an Land, stiegen eine Betontreppe hinauf und betraten die Höhle durch
einen schmalen Eingang. Es wurde dämmrig, aber nicht richtig dunkel. Dann kam eine
weitere Treppe in Sicht, die hinunter in Wasser führte. Deswegen hatten wir
Badebekleidung und Schnorchelausrüstung mitgebracht. Das Wasser war recht kühl im
Vergleich zu den tropischen Temperaturen draußen, aber erträglich. Wir schwammen
ein paar Meter, dann wurde es immer heller: in der Wand der
Höhle klaffte ein riesiges Loch, durch das das Tageslicht herein drang. Ich
war verblüfft: wie sollte es denn beim Rufen hell werden, wenn es schon hell ist?
Ich fragte unsere Begleiter, bekam aber keine befriedigende Antwort. Entweder war
das doch ein Märchen, oder man musste nachts kommen - aber wie? Im Dunkeln kann man
doch gar nicht die Korallenbänke umschiffen. Jedenfalls habe ich dieses Mysterium
bis heute nicht lösen können. Aber erst einmal ging es weiter. Unsere Begleiter
zeigten uns eine Stelle, wo wir unter dem Felsen hindurch tauchen konnten. Es war
nur eine sehr kurze Strecke, und wir mussten auch kaum einen halben Meter tief
tauchen. Einer der Männer tauchte zuerst und leuchtete dann mit seiner wasserdichten
Taschenlampe, damit wir den Weg fanden. Dann schwammen wir in einer weiteren Höhle,
die ziemlich dunkel war, aber sie hatte am Ende eine Art Kamin nach oben, der
in einem Loch endete, durch das ebenfalls Tageslicht fiel. Nach kurzer Zeit kehrten
wir zurück in die erste Höhle. Ich nahm meine Digitalkamera aus dem Unterwassergehäuse
und machte ein paar Aufnahmen. Dabei geschah es vermutlich durch meine nassen Hände,
dass etwas Salzwasser in das Gehäuse eindrang. Das Display leuchtete weiß und zeigte
nichts mehr an. Schnell nahm ich den Akku aus der Kamera und packte wieder alles in das
Unterwassergehäuse. Schließlich schwammen wir zurück, nahmen unsere zurückgelassenen
Habseligkeiten, schnorchelten noch ein bisschen draußen im Meer und traten dann die
Rückfahrt an. Im Resort trocknete ich die Kamera sorgfältig und legte sie lange in die
Sonne, mehr konnte ich erst mal nicht tun. Als ich den Akku wieder einsetzte, funktionierte
das Display wieder. Allerdings machte die Kamera nun eine Aufnahme nach der anderen,
sobald ich sie einschaltete. Aber das war besser als gar nichts, die überflüssigen
Aufnahmen konnte ich ja immer wieder löschen. Erst zu Hause gelang es mir mit viel
Mühe, das Gehäuse komplett zu öffnen, diverse korrodierte Stellen zu säubern und dort
die durch Elektrolyse entstandenen Salze zu entfernen. Seitdem funktioniert der Auslöser
wieder normal.
Nun war es früher Nachmittag. Was tun? Die Südafrikanerin wollte die Insel umrunden,
denn auf der anderen Seite lag die berühmte "Blue Lagoon", wo Brooke Shields 1980
ihren gleichnamigen Film gedreht hatte. Mir fiel auch nichts besseres ein, aber ich
wollte versuchen, den direkten Weg zu gehen. Bald erreichte ich ein großes Gelände mit
Mangrovenwald, der zum großen Teil im Wasser wuchs, in dem jede Menge Schlammspringer
lebten. Sie saßen kaum sichtbar auf Steinen und huschten über das Wasser, als sie vor
mir flohen. Ich versuchte eine ganze Weile, einen Weg hindurch zu finden, aber
es war zwecklos, der Wald war einfach undurchdringlich. Ich kehrte um und stieß
nach einiger Zeit auf einen schmalen Pfad, der in die richtige Richtung führte.
An einer Gabelung stand sogar ein Schild "Blue Lagoon". Es ging auf und ab über
hügeliges Gelände. Ich schwitzte fürchterlich, aber ich hatte ja genügend
Trinkwasser dabei. Schließlich kam eine große Wasserfläche in Sicht, die von
mehreren Inseln eingerahmt wurde. Ein malerischer weißer Strand hatte einige
Leute angelockt, die badeten und sich sonnten. Ich nahm meine
Schnorchelausrüstung und schwamm hinaus. Die Unterwasserlandschaft war sehr
abwechslungsreich. Zuerst überquerte ich ein Gebiet, das dicht mit Seegras
bewachsen war, dann kam Sandboden, der von vielen Hartkorallen abgelöst wurde.
Hier kamen auch wieder blaue Seesterne vor, außerdem sah ich einen
Trompetenfisch. Erfrischt zog ich mich an und wollte gerade den Rückweg
antreten, da erschien die Südafrikanerin auf dem gleichen Weg. Irgendwie war
sie auf ihrem Weg um die Insel auch nicht weiter gekommen. Sie wollte ebenfalls
schnorcheln und fragte mich, was es zu sehen gäbe. Ich zeigte ihr die ungefähre
Richtung zu den Hartkorallen. Als sie zurück kam, berichtete sie
freudestrahlend, dass sie ebenfalls die blauen Seesterne und den Trompetenfisch
entdeckt hatte. Inzwischen war ich auch wieder ins Wasser gegangen. Nun lagen
wir in den seichten Wellen und plauderten noch ein wenig. Sie sagte, sie hätte
sich vorgenommen, vor ihrem 40. Geburtstag alle Kontinente zu sehen, und nun
hätte sie Australien und die Südsee bereist, sodass nur noch die Antarktis
fehlt. Ich entgegnete, ich hätte nach dem Atlantischen dieses Jahr auch den
Pazifischen Ozean besegelt, sodass nur noch der Indische Ozean fehlt. Mit
solchen Scherzen verging die Zeit schnell. Ich hatte meine Badekappe im Resort
vergessen und befürchtete nun einen heftigen Sonnenbrand, aber davon war weder
jetzt noch später etwas zu merken - meine Haut war durch Bräune schon erfreulich
unempfindlich geworden. Schließlich traten wir gemeinsam den Rückweg an.
Im Resort lernten wir erst einmal neue Gäste kennen: ein junges Paar aus Irland war
eingetroffen. Zu viert nahmen wir ein leckeres und üppiges Abendessen ein. Die Iren
waren sehr erlebnishungrig und gingen dann zu einem der benachbarten Resorts, wo es
eine Bar gab. Es war Vollmond, der in der klaren Luft unglaublich hell schien. Ich
versuchte wieder, seine Bahn zu verfolgen, indem ich eine lange Stange in den Sand
schlug und die Bewegung ihres Schattens mit weiteren Holzstücken markierte. Ich
kam aber zu keinen bauchbaren Ergebnissen, da der Mond zu hoch stand. Die Südafrikanerin
kam hinzu und wollte wissen, was ich mache. Ich erklärte es ihr. Leider konnte sie mir
mit eigenen Beobachtungen auch nicht weiterhelfen, sie wohnte ja auch ziemlich weit
vom Äquator entfernt, ihr Wohnort wurde nicht von der Sonnenbahn überquert. Für sie
war es ganz normal, dass die Sonne sich beim Untergehen nach links bewegt.
Gegen Mittag des nächsten Tages bezahlte ich und ließ mich vom Captain zum Yasawa-Flyer
übersetzen - natürlich wieder gegen Extra-Bezahlung. Ich möchte anmerken, dass mir das
Gold Coast Resort sehr gut gefallen hat, es war auch viel ruhiger als die Nachbar-Resorts
mit ihren Bars und lauter Musik, aber wenn man die Preise mit anderen Resorts vergleicht,
muss man die vielfältigen Extrakosten berücksichtigen. Der Captain wollte wissen, was
meine Pläne waren. Ich sagte ihm, dass ich nach Nananu-I-Ra fahren würde. Er bot mir an,
mich mit seinem Boot hinzufahren. Na, das sah ihm wohl ähnlich, mit solch einer Tour eine
stattliche Summe zu verdienen, und es wäre auch eine deutliche Abkürzung gewesen im Vergleich
zu meiner Reise über Nadi, aber eine stundenlange Fahrt in seinem schaukelnden Boot,
in das immer wieder Wasser hineinspritzte, fand ich wenig verlockend, außerdem hatte ich
den Yasawa-Flyer ja schon bezahlt. Also lehnte ich sein Angebot dankend ab. Gegen Abend
erreichten wir den Hafen von Denarau.