Meine Südsee-Reise im Januar 2005
Vanuatu: Hideaway Island
Ein Taxi brachte mich zum Flughafen. Ich checkte ein, mein Pass bekam
einen weiteren Stempel - und dann kam die Panne: als ich bei der
Röntgenkontrolle meine Hosentaschen leerte, fand ich meinen
Zimmerschlüssel! Da gab es aber kein Zurück mehr. Ich ging weiter
in die Wartehalle, suchte eine einigermaßen ruhige Stelle und rief
das Resort an. Ein Mann versprach, in einer halben Stunde zu kommen
und den Schlüssel abzuholen. Ich ging zurück bis zu der Röntgenkontrolle,
dort hatte ich den Eingangsbereich des Flughafengebäudes im Auge.
Aber der Mann kam nicht. Ich rief noch einmal an. Dieses Mal sagte
er mir, ich solle den Schlüssel in einen Umschlag stecken und in
den Briefkasten werfen, der in der Wartehalle stand. Dort gab es
zwar massenweise Souvenirläden, aber nirgendwo bekam ich einen
Umschlag. Also nahm ich ein Blatt Papier, wickelte den Schlüssel
darin ein, klebte ihn mit Tesafilm aus einem der Läden zu, schrieb
den Namen des Resorts darauf und steckte alles in den Briefkasten.
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Um 11:30 Uhr startete die Maschine nach Vanuatu, eine B737-300.
Irgendwie kam ich mir blöd vor: kaum um die halbe Welt geflogen,
saß ich schon wieder im Flieger... aber die viertägige Segelsafari
startete nun mal nur donnerstags, und der Besuch von Vanuatu war
das beste, womit ich die Zeit bis dahin ausfüllen konnte.
Und der Flug mit Air Vanuatu, der internationalen Fluglinie von
Vanuatu, dauerte ja auch nur eineinhalb Stunden Richtung Westen. Nach dem
Anflug über brechergekröne Korallenriffe und Cocospalmenwälder landeten
wir um 12:00 (eine Stunde Zeitverschiebung) auf Efate, der Hauptinsel
von Vanuatu. Auch hier wurden wir mit Musik empfangen: eine Frau stand
vor dem Flughafengebäude und blies in ein Muschelhorn,
drinnen spielte eine farbenprächtig gekleidete Damenkapelle, sogar mit
einem Teekistenbass. Es gab dort auch einen Bargeldautomaten, wo ich mich
gleich mit einheimischer Währung versorgte.
Morgen wollte ich nach Tanna fliegen. Weil Vanair, die Fluggesellschaft von Vanuatu, auf meine
Anfrage über das Internet auch nach mehrtägiger Wartezeit nicht geantwortet
hatte, hatte ich die Flüge telefonisch buchen müssen - kurz vor Mitternacht,
um dort zur normalen Geschäftszeit anzurufen. Und weil der heutige Flug nach
Tanna schon ausgebucht gewesen war, musste ich eine Nacht auf Efate verbringen.
Jetzt wollte ich erst mal meinen Flug bestätigen, aber der Schalter war
geschlossen - heute war ja Neujahr und somit Feiertag. Man sagte mir, ich
solle morgen früh um 8:00 Uhr kommen und meine Tickets klar machen. Ärgerlich:
so früh aufstehen und dann nur warten - aber leider nicht zu ändern.
Auf Efate sind Sehenswürdigkeiten spärlich gesät. Aber ich hatte etwas viel
interessanteres entdeckt: es gibt Hotels, die ihren Gästen kostenlos Katamarane
zur Verfügung stellten! Eins davon lag dicht bei der Hauptstadt Port Vila,
aber das war sündhaft teuer. Ein anderes lag etwas abseits auf einer
kleinen Insel und nannte sich Hideaway Island Resort, wo eine Übernachtung in einem
komfortablen Doppelzimmer für einen vergleichsweise niedrigen Preis von
7125 VUV
zu bekommen war. Dieses hatte ich über das Internet gebucht und gleichzeitig
gefragt, ob es möglich wäre, den Katamaran für mich reservieren zu lassen.
Ich hatte zwar eine nette Antwort bekommen, aber gerade diese Frage wurde
nicht angeschnitten. Hoffentlich hatte mir niemand das Boot vor der Nase
weggeschnappt, ich hatte ja nur diesen einen Nachmittag Zeit.
Ein Taxi brachte mich auf einer schmalen, einfachen Straße in die Nähe der
Insel. Zwei Dinge waren mir unterwegs aufgefallen: im Gegensatz zu Fidschi
fuhren hier die Autos auf der rechten Seite, und die Menschen, die uns
begegneten, waren deutlich dunkelhäutiger als die Fidschis, sie schienen
auch nicht so kontakfreudig zu sein. Am Strand warteten mehrere
Leute auf die Überfahrt, das Boot war bereits unterwegs, sodass ich nichts weiter
unternehmen musste. Vorbei an badenen Kindern fuhren wir
zu der Insel. Hervorragend: der Katamaran lag hoch hinaufgezogen auf dem Ufer,
offensichtlich hatte niemand Interesse, ihn zu benutzen. Beruhigt ging ich zur Anmeldung,
wo ich erfahren musste, dass das von mir gewünschte Zimmer ausgebucht war.
Aber ein Bett in einem Vierbettzimmer war noch frei. Ich musste es zwar mit
zwei anderen Männern teilen, aber dafür kostete es mich nur
2375 VUV.
Das war aber jetzt unwichtig, ich war ja vor allem zum Segeln da. Ich ließ
mein Gepäck im Zimmer, gab meinen kleinen Rucksack mit meinen Wertsachen
bei der Rezeption ab und ging zu einer kleinen Hütte, wo alles verwaltet
wurde, was es auszuleihen gab wie z.B. Kajaks und Schnorchelausrüstungen.
Ich sagte, ich würde gern den Katamaran ausleihen. Ob ich hier übernachte?
Dann müsse ich nichts bezahlen. Ich solle eine halbe Stunde warten, dann
käme jemand, um das Segel zu hissen. Danke, sagte ich, das kann ich auch
selbst. Zuerst zog ich das Boot mühsam von dem hohen Ring aus abgebrochenen
Korallenstücken, mit dem die Insel umgeben war, herunter ins Wasser, dann
setzte ich das Segel. Nur meine Kameratasche hatte ich mitgenommen, ich
band sie unterhalb des Segels am Mast fest, dort würde so schnell kein
Spritzwasser hinkommen. Dann legte ich ab. Der Wind war nicht besonders
stark, aber immerhin brauchbar.
Der Himmel zeigte sich stark bewölkt, richtige Südseestimmung wollte in mir
nicht aufkommen, aber trotzdem - jawohl, jetzt besegelte ich den Pazifik!
Das musste unbedingt erst einmal dokumentiert werden. Ich fuhr zu einer
Landzunge, die zum Festland gehörte (was ja eigentlich auch nur eine Insel
ist) und die fernab von den badenden Kindern gelegen war, denn die sollten
mich nicht stören. Ich schraubte mein kleines Taschenstativ an ein Stück
Treibholz, montierte meine Videokamera darauf und ließ sie dann einfach laufen,
während ich ablegte, in voller Fahrt vor der Kamera vorbei
segelte, schnell wendete und zurück kam, um alles wieder einzusammeln. Kaum war ich
damit fertig, bemerkte ich ein paar Regentropfen. Ich drehte mich um und sah
eine graue Wand auf mich zu kommen. Schnell stellte ich mich auf das Boot,
hielt das Segel hinter meinem Rücken gegen den Wind, und schon prasselte ein
derartiger Regenguss herunter, wie ich es selten in freier Natur erlebt hatte.
Was hatte ich für ein Glück, dass ich mich gerade an Land aufhielt und nicht
mitten auf dem Wasser von diesem gewaltigen Regen überrascht worden war!
Es dauerte etwa 20 Minuten, dann hörte der Regen auf. Das Segel hatte meine
Hose kaum schützen können, ich war reichlich durchnässt, aber Hauptsache, meine
Kameratasche war trocken geblieben. Und einen Vorteil haben die Tropen ja:
alles ist warm. Das Wasser hatte mindestens 25 Grad, die Luft 30 Grad, und
dementsprechend warm war auch das Regenwasser. Also los und weiter gesegelt!
Ich fasste nun den Plan, einmal die Insel zu umrunden. Dies war nur außerhalb
des Riffs möglich, das einen großen Teil der Insel umgab. Einen großen Teil
der Strecke hatte ich schon geschafft, ich hatte das Riff umrundet und wollte
nun zwischen der besagten Landzunge und der Insel hindurch segeln. Zum Glück
bemerkte ich jedoch rechtzeitig, dass das Wasser sehr flach und der Grund mit
reichlich Korallenbänken bestückt war. Mit meinem unempfindlichen
Banana-Boot
wäre das kein Problem gewesen, aber bei dem Katamaran wollte ich keine
Beschädigung riskieren. Also wendete ich und segelte wieder um das ganze
Riff herum. Der Wind fing nun an nachzulassen, deshalb kehrte ich zu der
Insel zurück. Ich barg das Segel und sagte dann in der kleinen Hütte Bescheid.
Zwei Männer halfen mir, das Boot wieder auf den Korallenhügel hinauf zu tragen.
Es war immer noch hell, also blieb noch Zeit für einen Strandspaziergang.
Plötzlich glaube ich meinen Augen nicht zu trauen. Zwei Schnecken krochen
mit einer sehr ungewöhnlichen Geschwindigkeit über den Sand! Sollte es die
Rennschnecken von Phantásien auch in der realen Welt geben? Nein, ich entdeckte
winzige Krebse, die sich die leeren Schneckenhäuser
übergestülpt hatten und sich bei Bedrohung in ihnen verkrochen:
Einsiedlerkrebse. Auf anderen Inseln sollte ich noch mehr von ihnen
sehen, in der Größe von einem halben bis zu fünf Zentimetern.
Schließlich wurde es dunkel, und ich nahm ein leckeres Abendessen ein, das
draußen vor der Küche serviert wurde.
Mein Handy funktionierte in Vanuatu überhaupt nicht, weder mit der
Fidschi-SIM-Karte noch mit meiner deutschen. Meine Absicht, mit Hilfe meines
Taschencomputers über das Handy ins Internet zu kommen und meine E-Mails
zu lesen, konnte ich also gleich vergessen. Also ging ich schlafen. Es gibt
viele Leute, die Bücher in den Urlaub mitnehmen. Ich gehöre nicht dazu. Das
ist unnötiges Gepäck, lesen kann ich zu Hause, im Urlaub möchte ich sehen,
entdecken und erleben. Und wenn ich dies nicht tun kann, gehe ich eben zu
Bett, besonders wenn ich früh aufstehen muss.